Autor Thema: Der PROZESS Jeschuas aus jüdischer Sicht > Die Anhörung <  (Gelesen 5996 mal)

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Offline זאב ברנובסקי ABA

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Der PROZESS Jeschuas aus jüdischer Sicht > Die Anhörung <
« am: Mi., 05. September 2012, 00:00 »

! שלום כולם
Schalom zusammen!

Beim SANHEDRIN
  > Die Anhörung <

Bei der Darstellung, was im Hause des Hohepriesters eigentlich geschah, sind sich die Evangelien des sog. "NT´s" nicht einig. Nach LUKAS musste Jeschua die ganze Nacht in Gemeinschaft der Männer verbringen, die ihn "festnahmen" und ihn "gefangenhielten" ; und das mit Spott und Schläge! Nach JOHANNES wurde Jeschua zuerst zu Hannas, dem Schwiegervater des Hohepriesters Kaiphas gebracht und wurde von dem Hohepriester (Hannas ? oder Kaiphas ?) verhört. Dann wurde Jeschua gebunden zu Kaiphasgeschickt. Von da aus ohne dass etwas besonderes stattfand zum Praetorium der Römer/Pilatus. MARKUS und MATTHÄUS hingegen erzählen, dass Jeschua in dieser Nacht im Hause des Hohepriesters vor dem gesamten Hohen Rat stand.

Ich werde nicht versuchen diese Widersprüchlichkeit in den Evangelien zu lösen (obwohl sie relativ einfach erklärbar sind), sondern gehe nur von einer ANHÖRUNG vor dem Hohen Rat aus. Weiterhin spreche ich mich gegen die Theorien aus, wonach der Hohe Rat (Sanhedrin) zusammengerufen wurde um:
Entweder Jeschua den Prozess zu machen, um ihn zum Tode zu verurteilen; oder um eine Voruntersuchung über den Angeklagten durchzuführen, da am nächsten Morgen vor dem Gericht des Statthalters Anklage erhoben werden soll.

              
     LAGE des SANHEDRIN siehe #15 >> ירושלים anno 3987<< (jüd.Ztrg.)



Deshalb müssen wir die weitverbreitete Theorie der christlichen Auslegung betrachten, Jeschua hätte 2 verschiedene Prozesse durchstehen müssen. Einen jüdisch - religiösen und einen römisch – politischen. Schon seit der Frühzeit des Christentums wuchsen die Christen in dem unerschütterlichen Glauben auf:
> DIE JUDEN < (ungeachtet dessen, wer damit alles gemeint war)
hätten Jeschua in der Nacht vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Hierzu musste der Hohepriester den Hohen Rat nachts in sein privates Haus zusammenrufen.  Aufgrund des jüdischen Rechtes wegen des Vorwurfes der Gotteslästerung vor Gericht stellen, und durch sein (Jeschua) eigenes Bekenntnis wurde Jeschua für schuldig befunden und zuTode verurteilt.

Diese Theorie ist klar unvereinbar mit den alten Bestimmungen jüdischen Rechts aus der damaligen Zeit, denn ... :
Zitat

1. Kein HOHER RAT durfte außerhalb des Tempelbezirks in einem Privathaus als Strafgericht tagen und in Kriminal-Gerichtsbarkeit handeln, sondern nur an einem dafür bestimmten Ort !!!(-Die Quaderhalle im Tempelbezirk-) [siehe Talmud > M Sanhedrin X,2; Sifre Schotim 152, B Aboda Zora 8b; B Sanhedrin 41b; B/Schabat 15a; sowie 5. Mose 17,8.10]
2. Der Sanhedrin durfte keine Kriminal-Gerichtsbarkeit während der Nacht behandeln, sondern Strafprozesse mussten während des Tages stattfinden !!![siehe Talmud M Sanhedrin IV,1]
3. Gegen keinen Menschen durfte an Feiertagen oder Vorabend eines Festes ein Strafprozess durchgeführt werden. [siehe Talmud M Sanhedrin IV,1b]
4. Keine Mensch durfte aufgrund seines eigenen Zeugnisses oder Kraft seines eigenen Geständnisses verurteilt werden.[Talmud T Sanhedrin XI,1;T Schebuot III,b; sowie 5.Mose 17,6 und 5. Mose 19,15]
5. Nur aufgrund des Zeugnisses zweier rechtsfähiger Augenzeugen durfte ein Mensch wegen eines Kapitalverbrechens verurteilt werden. [Talmudst. ebd. s.o.]
6. Kein Mensch durfte wegen eines Kapitalverbrechens verurteilt werden, solange nicht zwei rechtsfähige Zeugen Zeugnis dafür ablegen, dass sie ihn zunächst vor dem verbrecherischen Charakter der Handlung und der dafür vorgeschriebenen Strafe gewarnt hätten. [siehe B Sanhedrin 8b und 80b; T Sanhedrin XI,1]
7. Das Kapitalverbrechen der >Gotteslästerung< bestand nur im Aussprechen des Namens Gottes,    י ה ו ה    JaHWeH, als Verfluchung. Es war irrelevant, welche >Gotteslästerungen< ausgesprochen wurden, solange nicht der Name      י ה ו ה    JaHWeH dabei ausgesprochen wurde. [siehe M Sanhedrin VII,5; B Sanhedrin 56a; sowie 3.Mo. 24, 15-16]

Selbst wenn der jüdische „Prozess“ nach dem sadduzäischem Recht gehalten worden wäre, wäre auch dieser nach schriftlichem Fixum der TORA ebenfalls nicht haltbar.
(Anmerkung: Das sadduzäische Recht wurde entgegen dem pharisäischen anders ausgelegt)

In der Nacht, im Hause des Hohepriesters fand lediglich eine Voruntersuchung, eine Anhörung mit Blick auf den Angeklagten statt, der aufgrund des >Haftbefehls< der Römer am kommenden Morgen vor ein römischen Gericht gestellt wurde.
Warum sollte diesem Prozess ein anderer vorhergegangen sein?
Der Charakter des Geschehnisses im Hause des Hohepriesters ist eindeutig nur eine ANHÖRUNG,
denn : ...
... es wurde keine formelle Anklage verlesen, oder eine Beschuldigung wegen eines Kapital-Verbrechens erhoben. Sondern es wurden erst mal ZEUGEN gesucht !!! (die sich jedoch als ungeeignet und widersprüchlich erwiesen)
Meine Untersuchungs-Theorie wird dadurch noch bestärkt, dass der Hohepriester selbst Jeschua verhörte, denn die Befragung des „Angeklagten“ in einem Strafprozess ist nach damaligen jüdischem Recht gänzlich unbekannt. Weiterhin spricht für die Anhörung, das Fehlen eines förmlichen Urteils.
Wie wir in Matthäus und Lukas lesen können:
>sprachen sie  nur< "er ist des Todes schuldig" , oder "was bedürfen wir noch mehr eines Zeugnisses".
Dieses Verfahren endete OHNE URTEIL, sondern nur mit der FESTSTELLUNG:
> Wenn Jeschua nicht von seinem Weg, seiner Vorstellung abrückt, (der erwartete) KÖNIG DER JUDEN zu sein, werden die Römer ihn im PROZESS verurteilen, schuldig sprechen und hinrichten lassen. <

Ein GRUND zur TRAUER für den leitenden Hohepriester, dass es sich seine Kleider zerriss !!!

denn : ... (Randbemerkung)
> hätte nämlich eine Gotteslästerung, bzw. eine Lästerung des Namens JHWH  seitens Jeschua sich ereignet, dann musste nach dem jüdischen Recht (M Sanhedrin VII,5) der Gerichtssaal geräumt werden, das betreffende Zeugnis (Lästerung) noch einmal ausgesprochen werden, und danach müssten ALLE anwesenden Richter ihre Kleider (ein)zerrreissen.<

NUR an einem konnte die gesamte jüdische Führung damals tatsächlich ein vitales Interesse gehabt haben, nämlich daran, die Kreuzigung eines Juden durch die Römer zu verhindern, insbesondere aber die eines Juden, ...
... der sich der Liebe und Zuneigung des jüdischen Volkes erfreute   !!!


שלום אבא
Schalom ABA
זאב ברנובסקי


Weiterer Link von der  >Forschungsstelle für jüdisches Recht< zum gleichen THEMA!


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